1988 Just Music

Achim Heppelmann (1988)

Just music - just piano

Mehr oder weniger regelmäßig lädt die FMP die Freunde der Improvisation in den Wedding ein: Unter dem Logo „Just Music“ veranstaltet sie dort Konzerte im eigenen Studio in der Koloniestraße 133. „Just Piano“ heißen in diesem Rahmen stattfindende, in sich geschlossene Konzertreihen, die an gewöhnlich vier aufeinander folgenden Tagen unterschiedliche Aspekte des Klavierspiels verknüpfen. Während dieser vier Tage treten verschiedene Pianisten mehrmals in diesem Studio auf - nach einem Rotationsprinzip, das durchaus harte Schnitte und Kontraste in der Programmgestaltung garantiert. Jeder der geladenen Pianisten wird so zweimal an verschiedenen Abenden auftreten.

Dieses Modell konnte die FMP bereits 1984 im großen Rahmen des Quartier Latins erproben, wo sechzehn Pianisten an drei Flügeln drei Tage lang rotierten und jeden Abend nebenbei große Klavierstücke entstanden. Dabei variierte auch noch die Formation - vom Solo-Auftritt bis zum Ensemble, für das Fred Van Hove damals eine Komposition schrieb.

Im Vergleich zum großen Quartier herrschen im Studio der FMP im Wedding beengte Verhältnisse. Die allerdings führen zu einem anderen, vielleicht anschaulicheren Ansatz: An einem Flügel kann man dort ausgiebig studieren, wie hervorragende Pianisten aus verschiedenen musikalischen Szenen auf verschiedene Art mit diesem Apparat „Klavier“ umgehen.

Im Vordergrund stehen dabei Vielfalt und Verschiedenartigkeit, und das Rotationsprinzip ermöglicht es, „einen, der durchweg mit Clustern hantiert, gegen jemanden zu setzen, der auch sehr viel mit Tönen und Luft und solchen Dingen spielt“ (Jost Gebers). „Just music - just piano“: Der programmatische Name bedeutet

natürlich auch, dass in der Studioreihe nicht nur improvisiert wird. Das Programm sieht Vertreter vor, die improvisieren wie Irène Schweizer, andere, die auch geschriebene Stücke spielen wie die Japanerin Aki Takase, und solche, die wie Alex Schlippenbach (wenn auch nicht nur für das Piano) selbst komponieren.

Anders als im Vorjahr, als die erste „Just Piano“-Studioreihe sechs Musiker recht konträrer Abstammung anbot, hat man 1988 Gäste aus näher verwandten Szenen eingeladen. Neben Irène Schweizer, Aki Takase und Alex Schlippenbach stehen vom Karfreitag bis zum Ostermontag noch der Brite Howard Riley, Schwedens Per Henrik Wallin und Hermann Keller aus der DDR auf dem Programmplan.

Keller kommt als gestandener Komponist aus der Neuen Musik: „lch bin kein Jazzmusiker, ich werde auch keiner werden“. Im Berliner Improvisations-Quartett hat Keller in den Siebzigern bedeutende Arbeit zwischen den musikalischen Disziplinen geleistet - zusammen mit dem Saxophonisten Manfred Schulze, der bei „Just Music - Just Horns“ gastieren und in dieser Broschüre an entsprechender Stelle vorgestellt wird.

aus: Broschüre „improvised music“, Free Music Production(FMP), 1988

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